Königlicher Besuch im Pflegeheim: Den gibt es nicht alle Tage. Doch in unserem Sozialzentrum „An den Gärten“ ist heute Staatsbesuch angesagt. Zugegebenermaßen handelt es sich hierbei um einen sehr kleinen König, höchstens zwanzig Zentimeter groß, dennoch hat er ein echtes Krönchen auf und das zählt schließlich auch. Gemeinsam mit seinem Marionetten-Gefolge des mobilen „Theaters aus der Truhe“ macht er einen Zwischenstopp in Leipzig und hat gleich einen großen Auftritt. Im Gemeinschaftsraum des Wohnbereichs Zwei hat sich bereits das Publikum eingefunden, um die royalen Gäste in Augenschein zu nehmen.
Märchenhafte Darstellung
Die Bretter, die die Welt bedeuten, stehen für dieses Gastspiel schon bereit: Es ist eine umfunktionierte Holzwäschetruhe aus Zeiten Hoffmann von Fallerslebens. Hier wohnen und arbeiten der Marionetten-König und seine Untertanen unter der Leitung von Puppenspieler Gernot Hildebrand. Der Vorhang geht auf, das Licht geht an und schon erwecken die Marionetten das Märchen „Rumpelstilzchen“ zum Leben. Gebannt verfolgen die Seniorinnen und Senioren, wie die Müllerstochter mithilfe des kleinen Männchens, Stroh zu Gold spinnt. Auch beim zweiten Stück, der Ballade „Das Riesenspielzeug“ von Adelbert von Chamisso, ist das Publikum von den kleinen Figuren aus dem 19. Jahrhundert angetan, die szenisch die Sage von der Riesentochter darstellen.
Ein König zum Anfassen
Nach dem begeisterten Applaus lässt es sich der König nicht nehmen, seinen Bewunderer*innen einen persönlichen Besuch abzustatten. Er zeigt sich volksnah, lässt sich auf den Knien der Senior*innen nieder. Eine Heimbewohnerin befühlt vorsichtig die feingliedrige Marionette, streicht mit den Fingern über ihren Kopf, bewundert die winzige Krone darauf. Eine andere Seniorin scherzt: „Den König würde ich auch glatt nehmen“, und bekommt prompt die Antwort des Marionettenspielers: „Der ist allerdings schon verheiratet.“ Beide grinsen sich schelmisch an. Und richtig: Auch die Königin hat sich unters Volk gemischt. Mit ihrem Gatten verteilt sie Handküsse, knickst vornehm und nimmt auf dem Schoß der Senior*innen Platz. Dabei ist Anfassen ausdrücklich erwünscht.
Musikalischer Abschied
Mitmachen ist auch bei den musikalischen Einlagen Gernot Hildebrands erlaubt. Bei Liedern wie „Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten?“ oder dem Lied von der Lorelei dauert es nicht lange, bis das Publikum textsicher mitsingt. Melodisch endet auch der Besuch des mobilen Theaters mit „Ade zur guten Nacht“, in das die Heimbewohner*innen einstimmen. Die Truhe mitsamt ihren kleinen Darsteller*innen macht sich auf den Weg zum nächsten Auftritt. Auch das Publikum bricht auf. Noch im Gehen fasst eine Bewohnerin den ereignisreichen Nachmittag zusammen: „Das war wirklich schön. Ich habe mich in meine Kindheit zurückversetzt gefühlt.“
Weitere Eindrücke vom "Theater aus der Truhe":